Nach den beiden Erlebnisberichten zu den zwei Pflanzprojekten aus den Newslettern im November und Dezember 2023 stellen wir an dieser Stelle nochmal genauer die ökologischen Wirkungszusammenhänge mit ein paar Zahlen und Daten dar. Beide Projekte wurden professionell von unserem Partner TRIEBWERK – Regenerative Land- und Agroforstwirtschaft geplant und bei der Pflanzung begleitet.

Agroforst in Mittelfranken

In Arnshöchstädt wurde am 25. und 26.11.2023 – so wie auch im April 2022 im Allgäu – ein Agroforstsystem gepflanzt, also die Kombination aus Landwirtschaft und Gehölzen. Hier war die umfassende Standortanalyse im Rahmen der Planung ein wichtiger Meilenstein, da die Bodenverhältnisse sehr heterogen sind.

Beteiligt waren insgesamt 9 Personen, davon 4 Tree-Athletes und 2 Personen von Triebwerk. Die Kosten belaufen sich auf 3.059 EUR. Hinzu kommen noch 430 EUR für die Pflanzbegleitung von Triebwerk, die Tree-Athlete übernimmt.

Bisher wurden auf der Ackerfläche „Eulenbuckel“ die landwirtschaftlichen Kulturen Kleegras, Waldstaudenroggen und Triticale (Futtergetreide) angebaut. Für das 2,07 ha große Agroforstsystem wurden 59 Ertragsbäume in drei Reihen gepflanzt. Der Abstand zwischen den Baumreihen beträgt mindestens 25 Meter, sodass die maschinelle Landnutzung nicht eingeschränkt wird. Die Auswahl der Baumarten erfolgte standortangepasst. Es wurde aber auch darauf geachtet, dass Bäume verschiedener Sorten und Herkünfte (z.B. aus Mitteleuropa, dem Balkan und Südfrankreich) gepflanzt wurden, um eine hohe genetische Vielfalt zu haben, da die zukünftigen Standortbedingungen angesichts des Klimawandels nur schwer abschätzbar sind. Hier kann schon von einem Projekt mit Modellcharakter für nachhaltige Landnutzung gesprochen werden. Gleichzeitig kann es auch als Testfläche gesehen werden, um die standortindividuelle Tauglichkeit alternativer Gehölzarten in Zeiten des Klimawandels zu prüfen.

Die Pflanzlöcher wurden im Voraus mit einem Bagger ausgehoben. Es wurden bei unserer Pflanzaktion und nachträglich aufgrund von Personen- und Zeitmangel, Lieferverzögerungen (Walnüsse) oder frostigen Witterungsbedingungen (Feigen) folgende Arten in folgender Anzahl gepflanzt:

18 x Esskastanien, 6 x Mostbirnen, 11 x Haseln, 3 x Sauerkirsche, 1 Süßkirsche, 2 x Pfirsich, 1x Boskoop-Apfel, 1 x Maulbeeren, 12 x Walnüsse und 4 x Feigen.

Bei den Esskastanien wurde ein unterirdischer Verbissschutz von 60 cm gegen Wühlmäuse in den Boden gesetzt. Dieser ist ein Gitterdraht und endet über dem Wurzelkopf. Bei den anderen Baumarten war der unterirdische Schutz größtenteils nicht nötig, sodass die Pflanzlöcher nicht so tief ausgehoben werden mussten. Alle Bäume wurden mit einem 1,20 m Plastikzaun und einem zusätzlichen stabilen Estrichgitter gegen den Verbiss von Wild geschützt. Zudem haben wir Pfosten für Gehölze mit dünnen Terminaltrieben (Stamm) und großgewachsenen Bäumen wie Kirsche und Apfel angebracht. Diese geben den Bäumen in den nächsten Jahren Halt.

Vitiforst am Mittelrhein

Am Samstag, den 2.12.2023 wurde in Lorch am hessischen Mittelrhein ein Vitiforst gepflanzt, also die Kombination aus Weinbau und Gehölzen.  Bei diesem Projekt handelt es sich um 1.200 m² Weinbau mit den Sorten Riesling und Silvaner (ca. 60 Jahre alt) auf Schiefer- und Quarzitboden. Die Reben werden komplett händisch bewirtschaftet.

Beteiligt waren 11 Personen, davon 6 Tree-Athletes und 2 Personen von Triebwerk. Die Kosten belaufen sich auf 3.369 EUR. Hinzu kommen noch ca. 600 EUR für Triebwerk für die Pflanzbegleitung, die Tree-Athlete übernimmt.

Jede dritte Rebenzeile wurde ausgehauen, dadurch standen ca. 2,50 m zwischen den Doppelzeilen frei, die mit verschiedenen Ertragsbäumen, Sträuchern und Kräutern bei unserer Pflanzaktion bepflanzt wurden. Bei der Auswahl der Bäume wurden kleine, standortangepasste Bäume mit guter Trockenheitsverträglichkeit ausgesucht und bei den Kräutern ein geographischer Fokus auf Südeuropa gelegt. Zwischen die Rebzeilen wurden folgende Arten in folgender Anzahl bei unserer Pflanzaktion oder nachträglich aufgrund von frostigen Witterungsbedingungen (Oliven) oder Lieferschwierigkeiten (1 x Esskastanie, Elsbeere, Korbweide & franz. Ahorn) gepflanzt:

  • 135 Kräuter: 50 x Lavendel, 20 x Rosmarin, 20 x Salbei, 20 x Thymian, 20 x Estragon und 5 x Oregano
  • 120 Himbeeren
  • 24 Ertragsbäume: 3 x Quitten, 6 x Haseln, 1 x Weinbergpfirsich, 2 x Esskastanie, 4 x Feigen, 2 x Oliven, 1 x Elsbeere, 4 x Korbweide und 1 x französischer Ahorn

Bei den Ertragsbäumen wurde ein Verbissschutz gegen Hasen, Wild und Wildschweine angebracht und die schon großgewachsenen Quitten wurden zusätzlich mit massiven Robinienpfählen stabilisiert. Außerdem wurde oberflächlich das Wurzelwerk der Bäume mit Holzhackschnitzel bedeckt. Sie verhindern das Wachsen von Begleitvegetation und schützen den Boden vor Erosion, halten ihn locker und feucht.

Bei beiden Projekten werden die Landwirte/Winzer und bei Bedarf mit Unterstützung von Tree-Athlete die weitere Pflege der Gehölze (Gehölzschnitt, bedarfsgerechtes Wässern, Baumscheibenpflege) übernehmen, bis sich diese eigenständig entwickelt haben, was unterschiedlich lang aber im Schnitt ca. 10-12 Jahre dauern wird.

Wirkung beider Projekte

Hinsichtlich der konkreten ökologischen Wirkungsweise schützen solche Systeme die bisher kahlen Landschaften vor Austrocknung durch Wind und Sonne und vor Erosion durch Wind und Wasser und fördern mit ihrer Strukturvielfalt die Biodiversität mit zusätzlichen und kleinteiligen Lebensräumen für verschiedene Tier- und Pflanzenarten. Ergänzend wirken sie auch als grüne Korridore und Trittsteine in der Landschaft. Extremniederschläge können auf der Fläche durch Humusaufbau und Durchwurzelung besser versickern und längerfristig den Pflanzen zur Verfügung stehen und die Grundwasservorräte lokal auffüllen. Ein schnelles oberflächliches Abfließen des Wassers und damit eine Erosion des wertvollen Bodens wird dadurch verhindert.

Das Agroforstsystem und Vitiforstsystem verbessern das Mikroklima mit ihrem Windschutz und den Abkühlungseigenschaften der Gehölze. Die Bäume brechen den Wind und reduzieren damit die Windgeschwindigkeit. Niedrigere Windgeschwindigkeiten erhöhen die Luftfeuchtigkeit in der bodennahen Luftschicht und verringern so den Wasserverlust. Durch diese ökologisch positiven Eigenschaften haben Agroforst- und Vitiforstsysteme das Potential, ein bis zu 1 °C kühleres Mikroklima zu schaffen. Durch dieses und mehr Wasser im Anbausystem wird auch der Humusaufbau in der Gesamtfläche unterstützt. Dieser ist unter trockenen Bedingungen ansonsten kaum bis gar nicht mehr möglich.

Wenn Agroforstwirtschaft flächendeckend umgesetzt wird, können sich die positiven Effekte auf das Mikroklima akkumulieren und lassen nachhaltige Klimalandschaften entstehen. Diese Landschaften können durch Verdunstungskühlung, verstärkte Wolkenbildung einhergehend mit regelmäßigem Niederschlag eine großflächige Wirkung bis auf kontinentale Ebene erzielen. Außerdem binden die Bäume auf den zwei Projektflächen durch ihre Photosynthese zusätzlich Kohlenstoff, was den Treibhausgasgehalt in der Atmosphäre reduzieren kann. Diesen Effekt zu quantifizieren ist gerade für kleinere Systeme mit einzelnen Bäumen komplex und es ist auch nicht unserer primärer Fokus. Für uns stehen die anderen ökologischen Vorteile im Vordergrund, wie die Vielfalt, Stabilität/Resilienz, Verbesserung des Mikroklimas, Anpassung an den Klimawandel und Biodiversitätsförderung durch Habitat und Nahrungsangebote.

Agro- und Vitiforstsysteme adressieren damit die beiden zentralen gesellschaftlichen Herausforderungen: Klimawandel und Verlust der Artenvielfalt und aus Sicht der Nahrungsmittelerzeugung findet eine Diversifizierung und Erhöhung der Resilienz durch die gleichzeitige Nutzung der Bäume und der ursprünglichen landwirtschaftlichen Kulturen statt. Zudem wird eine zusätzliche regionale Versorgung mit Obst und Nüssen erreicht.

Beim Vitiforstprojekt kommt speziell hinzu, dass es auch der Hangsicherung dient, dass das Nektarangebot durch blütenreiche Gehölze und Kräuter wie Lavendel erhöht wird und dass Schattenwurf und Verdunstung/Respiration der Gehölze in sonnenexponierten Lagen wie in Lorch nochmal eine besondere Bedeutung zukommen. Aufgrund dieser vielfältigen positiven ökologivhen Eigenschaften wird der Vitiforst eventuell auch als Pionierprojekt bei der Bundesgartenschau 2029 zwischen Bingen und Koblenz vorgestellt.

Die Etablierung beider Systeme sind Pionier- und Vorzeigeprojekte und es ist geplant, öffentliche Führungen, z.B. mit Landwirten, Naturschutzverbänden und Interessierten anzubieten. Dadurch soll die Idee und konkrete Umsetzung von Agroforst- bzw. Vitiforstsystemen besichtigt und begutachtet werden können und idealerweise einen Multiplikatoreffekt haben.

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